Ulrike Hermann -

Institut für Legasthenie und Rechtschreibkompetenz

Therapie - Welche ist die richtige?

Ich arbeite mit den Kindern und Jugendlichen ausschließlich in einer Einzeltherapie, weil die individuellen Besonderheiten eines jeden Kindes nur so ausreichend Beachtung finden. Gerade bei Kindern mit einer Lernschwäche des Lesens und Schreibens -im Weiteren auch als Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) bezeichnet- ist es wichtig, das unterschiedliche Lerntempo, die einzelnen Lerntypen, die charakterlichen Eigenarten und die emotionale Belastung zu berücksichtigen. Kinder benötigen in der Lernsituation die ungeteilte Aufmerksamkeit der Therapeutin. Nur so wird die Voraussetzung für ein stabiles Vertrauensverhältnis geschaffen, welches die Basis jeden Lernens ist. Viele Kinder haben schon des Öfteren negative Erfahrungen in einer Gruppe gemacht, sodass ein “geschützter Raum“ für ihre emotionale Entlastung umso wichtiger ist.

Junge mit rotem Bleistift

Ich empfehle eine einstündige Therapie pro Woche plus ein tägliches, häusliches Training von 15 Minuten. Eine Verlängerung dieser Trainingseinheiten bringt keine gesteigerten Erfolge, sondern führt häufig umgekehrt zu einer Demotivation oder gar zu einer Leistungsverweigerung des Kindes, da es sich so -noch mehr als zuvor- überfordert und belastet fühlt.

Für den Therapieerfolg hingegen ist die Kontinuität des Übens ganz entscheidend!

Welche Schwierigkeiten bereitet der Erwerb des Lesens und Schreibens den Kindern am Schulanfang?

Zunächst muss der Schulanfänger die unterschiedlichen grafischen Gestalten der Buchstabenzeichen kennen und sie mit den richtigen Sprachlauten verknüpfen lernen. Er darf jedoch beim Schreiben nicht versuchen, jede gesprochene Lautnuance mit Buchstaben wiederzugeben. Ein Lernziel ist es zu erkennen, dass es „unwichtige“ Lautnuancen gibt, die der Schulanfänger nicht in Buchstaben übersetzen darf. So darf er z.B. nicht “rahmpte“ schreiben, sondern “rahmte“, obwohl man einen sogenannten Sprosslaut zwischen “m“ und “t“ spricht. Auch muss er lernen, dass es verschiedene Sprachlaute gibt, für die er jedoch nicht verschiedene Buchstaben schreiben darf. Obwohl wir zum Beispiel verschiedene e-Laute sprechen, darf der Schulanfänger nur einen einzigen e-Laut schreiben. Alles andere wäre falsch! „Näst“ (das Nest), „Redö“ (die Rede), „böfehln“ (befehlen).

Bezüglich der Buchstaben muss er wiederum auf die detaillierte Gestalt der Buchstabenzeichen achten, um sie voneinander unterscheiden zu können: „geden“ statt „geben“. Bei „d“ und „b“ liegt das einzige Differenzierungskriterium in der Links- bzw. Rechtsausrichtung des sogenannten „Bauches“ des Buchstabenzeichens.

Hinzu kommt, dass an den Schulanfänger eine weitere schwere Anforderung gestellt wird: Seine Aufmerksamkeit muss darauf gerichtet sein, dass die Buchstabenfolge der Lautfolge des gesprochenen Wortes entspricht! Dabei muss er seine Konzentration auf den Buchstaben lenken, den er gerade schreiben soll und parallel dazu muss er die gesamte Lautfolge im Gedächtnis haben.

Wie man sieht, wird das Kind bereits am Schulanfang mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten konfrontiert!

Therapie

Wie gehen Kinder mit dieser Vielzahl an Anforderungen und Schwierigkeiten um?

Viele Kinder meistern die schulischen Anforderungen problemlos, aber einige Kinder haben große Probleme, all diesen Erfordernissen gerecht zu werden. In der Konkurrenzsituation mit den anderen „erfolgreichen Kindern“ entwickeln sie oft Strategien der Vertuschung wie z.B.: Das Kind versucht sich mit „seinen Mitteln“ zu helfen: Häufig werden sich Inhalte der Lesestücke oder ganze Diktate gemerkt, um den Mangel an Lese- und Schreibvermögen zu kompensieren. Es gibt Grundschüler, die einen kompletten Text auswendig können, ohne je ein Wort richtig gelesen zu haben! Oder es werden auswendig gelernte Diktate fehlerfrei geschrieben, ohne die Rechtschreibung zu beherrschen. Beim Lesen wird häufig aus dem Erkennen nur einzelner Buchstaben der Rest des Wortes erraten, wobei das Kind oft daneben liegt.

Dieses „Vertuschen“ oder „Verheimlichen“ ihres Mangels geschieht aus Scham und Angst vor dem eigenen Scheitern und nicht aus „böser“ Absicht!

Ich kann an seinen Fehlern erkennen, an welcher Stelle und aus welchen Gründen das Kind Schwierigkeiten hat!

Daher erstelle ich aufgrund meiner vorangegangenen Diagnostik ein individuelles Fehlerprofil des jeweiligen Kindes, um das Kind anschließend mit einzeltherapeutischen Maßnahmen genau da “abzuholen“, wo es sich bezüglich seiner Kenntnisse des Lesens, Schreibens und seines Entwicklungsstandes befindet.

Nur so ist ein Erfolg der Therapie gewährleistet!